Landtag wählt Hendrik Hering zum Präsidenten

Veröffentlicht am 18.05.2016 in Landespolitik

In seiner konstituierenden Sitzung hat der Landtag in Mainz heute Hendrik Hering zu seinem Präsidenten gewählt. Anlässlich seiner Wahl hielt Hering zur Amtsübernahme folgende Antrittsrede:

Gleich zu Beginn geht mein Dank an die Alterspräsidentin Frau Willius-Senzer. Sie hat den Auftrag, den ihr unsere Landesverfassung gegeben hat, erfüllt und die konstituierende Sitzung bis zu diesem Augenblick souverän geleitet. Ich darf Ihnen im Namen der hier Versammelten auch für Ihre bemerkenswerte Rede danken. 

Mit der Konstituierung des 17. Rheinland-Pfälzischen Landtags geht auch die Amtszeit meines Vorgängers Joachim Mertes zu Ende. Nur zwei Parlamentarier haben dem Rheinland-Pfälzischen Landtag jemals länger angehört als Sie, sehr geehrter Herr Mertes. Zwölf Jahre lang waren Sie Fraktionsvorsitzender und zehn Jahre Landtagspräsident.  Herr Präsident Mertes, ich möchte Ihnen im Namen des ganzen Hauses herzlich danken. Sie haben durch ihre Arbeit viele Spuren hinterlassen und sich bleibende Verdienste erworben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 

sodann möchte ich Ihnen allen herzlich danken, dafür, dass Sie mich soeben zum Präsidenten des Landtags gewählt haben. Dies ist für mich eine Freude, eine Ehre und eine Verpflichtung. Alle Abgeordnete haben die gleichen Rechte, Sie haben aber auch alle die gleichen Pflichten und Regeln einzuhalten. Dies zu gewährleisten ist meine Aufgabe.

Wir alle in diesem Haus sind legitimiert durch das Votum der Wählerinnen und Wähler. Für die nächsten fünf Jahre haben sie uns aufgetragen, die Zukunft unseres Landes zu gestalten. Das Fundament unseres Handelns sind die Geschichte, die Kultur und – die Alterspräsidentin ist darauf eingegangen  –  die in bald 70 Jahren gewachsene Identität unseres Landes. 

Die reiche Geschichte führen uns die römischen Steine in diesem wunderbaren Plenarsaal, der weit mehr ist als ein Notquartier, vor Augen. Hinter mir sehen Sie auf der linken Seite einen Delfin. Er stammt von einem römischen Brunnen aus Mainz. Der Delfin steht seit der Antike als Symbol für Menschenfreundlichkeit und Freiheit. Menschenfreundlichkeit und Freiheit – genau darum geht es in diesem Plenaraal. Die Freiheit wollen wir als Grundlage unserer Gesellschaft erhalten und Menschenfreundlichkeit durch unser politisches Handeln leben. 

Treffen wir halbherzige und kurzatmige Entscheidungen, fällt dies auf uns zurück und die Menschen werden es uns über kurz oder lang spüren lassen. 
Es ist unsere Aufgabe, in gegenseitigem Respekt in der Sache um die bestmögliche politische Lösung zu ringen. Dass das nicht frei von Konflikten geschehen wird, wissen wir alle. Der politische Streit ist wie das Salz in der Suppe: ohne politischen Streit sind Debatten fade und langweilig. In der Sache  kommt man nur durch den streitigen Diskurs voran. 

Aber seien wir uns dabei immer bewusst: Ein Landtag – und damit wir alle – wird an seiner Debattenkultur gemessen. Die Menschen merken sehr schnell, wenn Politik etwas anderes verheißt als sie macht. Wenn Politiker anders erscheinen wollen, als sie sind. Das größte Kapital in der Politik ist und bleibt  die Glaubwürdigkeit. Wir können im rheinland-pfälzischen Landtag viel erreichen, wenn wir die Worte des ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau beherzigen: „Glaubwürdigkeit entsteht, wenn man tut, was man sagt und sagt, was man tut.“ 

Meine Damen und Herren, Freiheit – sie ist der eigentliche Kern unserer Landesverfassung. „Der Mensch ist frei.“ So lautet dort der erste Satz.

Freiheit bedeutet, hier die Möglichkeit zu bekommen aus seinem Leben etwas zu machen. Zugang  zu Bildung und gelungene Integration für alle gehören zu der Freiheit, die wir nach unserer Verfassung  zu gewährleisten haben. 

Die Zukunft der Menschen unseres Landes ist unsere tagtägliche Aufgabe in diesem Parlament. Als demokratisch legitimierte Abgeordnete haben wir die Pflicht, für Menschenfreundlichkeit und Freiheit unser Bestes zu geben: Unsere Fähigkeiten, unsere Zeit und unsere Kraft zum Wohle des Landes. Neben der Freiheit muss auch die Würde des Menschen zu jeder Zeit Ankerpunkt unserer Politik sein. Nur eine mutige und werteorientierte Politik, deren Kern die menschliche Würde ist, verdient es, „Realpolitik“ genannt zu werden. 

Wer als gewählter Präsident dieses Hauses auf diesem Stuhl Platz nimmt, hat nicht nur alle Abgeordneten im Blick, sondern auch den Landtag als Ganzes und die Besuchertribüne. Denn auch die Besucherinnen und Besucher gehören zwingend dazu: Parlamentarische Demokratie braucht Öffentlichkeit. Sie gehört ganz unverzichtbar dazu und unterscheidet uns bis heute grundsätzlich von der Exekutive und der Justiz.

In den Medien wie in der Politikwissenschaft kursiert die These vom Bedeutungsverlust der Landesparlamente. Sie seien der Übermacht der Regierung und der Verwaltung ausgeliefert. Zudem führe die europäische Mehrebenenpolitik zu Einbußen bei der Gestaltungsmacht von Parlamenten und einem Verlust der Zurechenbarkeit politischer Verantwortung. Das Parlament und seine Abgeordneten seien daher heute weniger Gestalter der Politik als deren Vermittler.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Gesetzgebung – insbesondere das Budgetrecht – und die Kontrolle der Regierung entscheidende Aufgaben des Parlaments sind, die wir selbstbewusst erfüllen sollten. Denn nur der von allen Bürgerinnen und Bürgern demokratisch gewählte Landtag kann politischen Entscheidungen die notwendige demokratische Legitimität verschaffen. Dabei stehen repräsentative Demokratie und Bürgerbeteiligung nicht in Widerspruch – im Gegenteil. 

Das Parlament ist ein Ort der Diskussion. Es ist ein offener Ort: Nicht nur die Plenarsitzungen sind öffentlich, sondern in der Regel auch die Ausschusssitzungen. In den Ausschüssen befragen wir nicht nur die Vertreter der Regierung, sondern beziehen auch die Expertise von zivilgesellschaftlichen Verbänden und Gruppen ein. 

Dennoch ist es wünschenswert, dass der Landtag die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung im Gesetzgebungs­prozess ausbaut. Das Internet und die sozialen Medien bieten uns Chancen hierzu. Es lassen sich Beteiligungsformen entwickeln, damit die Bürgerinnen und Bürger sich nicht nur umfassend informieren, sondern ihren Sachverstand und ihre Wünsche aktiv in die Diskussion einbringen können. Wir als Abgeordnete sollten uns davor nicht fürchten. 

Vor besondere Herausforderungen und Chancen stellt uns der Prozess der europäischen Einigung. Den Landesparlamenten wird in Deutschland oftmals die Aufgabe zugedacht, Wächter des Subsidiaritätsprinzips zu sein. Wir sollten sie selbstbewusst annehmen. Wenn wir es nicht tun, besteht die Gefahr, dass wir mitschuldig an einer wachsenden Europaskepsis werden. Dabei sollten gerade wir in Rheinland-Pfalz aufgrund der Nähe zu Frankreich und der guten Partnerschaft die Vorzüge der europäischen Einigung kennen und für sie werben.

An dieser Stelle möchte ich unsere Gäste aus unseren europäischen Partnerländern herzlich begrüßen. Wir können stolz auf die europäische Gemeinschaft sein, die in Europa seit mehr als 60 Jahren ein friedvolles Zusammenleben der Menschen ermöglicht. 

Der Landtag ist und bleibt ein Ort gelebter Demokratie. Er ist auch ein Ort demokratischer Bildung. Mehr als 30000 Menschen aller Altersgruppen kommen pro Jahr zum Besuch in unser Parlament. Für unsere Besucherinnen und Besucher bieten wir unterschiedliche qualitative hochwertige Programme an, die in den vergangenen Jahren weiterentwickelt und ausgebaut wurden. Das Interesse daran ist groß. Die Enquete-Kommission „Jugend und Politik“ hat deshalb schon 2005 empfohlen, den Landtag als Ort der politischen Bildung von Kindern und Jugendlichen auszubauen. Auch die Enquete-Kommissionen „Verantwortung in der medialen Welt“ und „Bürgerbeteiligung“ haben uns seitdem ans Herz gelegt, den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern nicht nur außerhalb, sondern vor allem auch innerhalb des Parlamentes zu stärken.

Nur wenn es uns gelingt, diesen Dialog zukünftig zu intensivieren und die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes viel stärker in unsere politischen Entscheidungsprozesse aktiv einzubinden, wird es uns auch gelingen, unsere repräsentative Demokratie fit zu machen für die Zukunft. Politikvermittlung und Beteiligungsformate innerhalb unseres Parlamentsbetriebes müssen sich an alle Menschen in unserem Land richten – und zwar ungeachtet ihres Alters, ungeachtet ihrer sozialen oder kulturellen Herkunft und ungeachtet ihrer Bildungsvoraussetzungen!

Unser Parlament und seine Verwaltung stehen, was die Bildungsangebote für Jugendliche betrifft, im bundesweiten Vergleich nicht schlecht da. Wenn wir den Menschen in Rheinland-Pfalz unsere Politik bürgernah, ehrlich und verständlich vermitteln wollen, wenn wir sie aktiv in unsere Entscheidungsprozesse einbinden wollen, dann müssen wir gemeinsam die Voraussetzungen dafür schaffen. Nehmen wir unseren Auftrag daher ernst und lassen Sie uns – aufbauend auf diesen guten Erfahrungen – den Landtag als Ort der gelebten Demokratie für alle Menschen in unserem Land weiter stärken.

Der Landtag muss noch stärker zum Ort gesellschaftlicher Diskussionen werden. Verantwortbare Entscheidungen im Detail können nur getroffen werden, wenn man sich mit den grundsätzlichen und Zukunftsentwicklungen auseinandergesetzt hat. 

In der Politik darf man nicht vergessen, wo man herkommt was  wirklich wichtig ist im Leben. Ich komme aus dem Westerwald und grüße meine „Wäller“ und Familie und Freunde, die heute hier sind.

Rheinand-Pfalz ist ein starkes Land. Unser Land ist ein offenes Land. An Rhein und Mosel, in der Eifel und in der Pfalz, an der Nahe und im Hunsrück. Unser Land ist – wie der Dichter unseres Landes Carl Zuckmayer so treffend schrieb – die Völkermühle Europas. Wie viele Menschen sind über die Jahrhunderte bei uns zusammen gekommen und wie gut haben wir sie integriert. Aber auch: wie viele Menschen mussten aus unserer Heimat auswandern, um eine neue Heimat zu suchen. In unserem Land haben viele also Erfahrung mit Migration und Integration. Mit unserer Kraft zum Zusammenhalt haben wir diese Situationen gemeistert und werden sie auch künftig meistern.

Meine Damen und Herren,
 
Politik ist ein Prozess, nichts Statisches. Politisch hat sich einiges verändert seit meinem ersten Arbeitstag als Abgeordneter vor genau 20 Jahren. Auch für mich. Wir tagen heute im selben Plenarrund, aber in einem anderen Haus. Heute kommt der Landtag in seinem Interims-Plenarsaal zusammen, während im Deutschhaus die Arbeit an der nachhaltigen Sanierung begonnen hat. Zu den Veränderungen gehört auch, ein modernes Haus für unsere künftige Arbeit zu schaffen, für unsere Debatten, für den Diskurs, für Begegnungen. In das neue Deutschhaus wollen wir in dieser Wahlperiode wieder einziehen. Am historischen Ort der Mainzer Republik, wo 1793 das erste nach modernen demokratischen Regeln gewählte Parlament in Deutschland tagte. Georg Forster sagte damals: „Es gibt nur zwei Wege, wie man auf die Überzeugung eines Menschen wirken kann: durch den Kopf und durch das Herz.“ Lassen Sie uns also mit Kopf und Herz unsere Arbeit aufnehmen.

 

Homepage Hendrik Hering, Ihr Abgeordneter für den Westerwald

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