Vor einem Jahr - zum 1. Mai 2011 - wurde der deutsche Arbeitsmarkt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus acht mittel- und osteuropäischen Staaten (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn) geöffnet. Seitdem sind laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage unserer Bundestagsfraktion rund 65.000 Menschen nach Deutschland gekommen. Das sind weniger als erwartet.
Dabei ist die Zahl der neu Beschäftigten aus den EU-8-Staaten höher als die Zahl der Zuzüge. Das zeigt, dass viele Menschen bereits vor dem 1. Mai 2011 in Deutschland gelebt haben, aber nicht regulär arbeiten durften und häufig in der rechtlosen Scheinselbst-ständigkeit steckten. Erst mit dem Start der Freizügigkeit konnten sie hier regulär und damit zu fairen Arbeitsbedingungen eine Anstellung finden.
Dies gilt jedoch längst noch nicht für alle EU-Mitglieder. Rumänen und Bulgaren werden nach wie vor in illegale oder prekäre Beschäftigung verdrängt, weil sich die Bundesregierung weigert, für sie die Freizügigkeit umzusetzen.
Viele werden auch durch kriminelle Arbeitgeber ausgebeutet oder in die Scheinselbstständigkeit gezwungen. Die Bundesregierung sieht jedoch keinen Anlass, Scheinselbstständigkeit besser gesetzlich zu definieren.
So geht aus der Antwort der Bundesregierung hervor, dass sich Union und FDP darauf verlassen, dass die Rechtsprechung eine ausreichende Definition von selbstständiger Tätigkeit vornehmen wird. Anstatt gesetzlich zu handeln und eine politische Entscheidung zu treffen, wird die Entscheidung auf die Justiz abgewälzt.
Die Bundesregierung macht keine Politik mehr, sondern sitzt die Probleme aus. Wenigstens hat die Bundesregierung sich dazu durchgerungen, Beratungs-stellen des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu fördern, die den Menschen, die Opfer von Arbeitsausbeutung werden, Unterstützung bieten. Die Gewerkschaften leisten hier hervorragende Arbeit, um die Versäumnisse der Bundesregierung in der Gesetzgebung auszugleichen.